zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Jänner
GAUDIOPOLIS: die Geschichte einer selbst verwalteten Kinder- und Jugendrepublik in Budapest von 1945 bis 1950. Möglich gemacht vom lutherischen Pastor Gábor Sztehlo, der die (meist jüdischen) Kinder 1944 vor den Nationalsozialisten gerettet hat…
alle Texte in diesem Beitrag sind Zitate (s. Verlinkungen) ~ die Fotos sind Screenshots
ORF.AT Universum History – GAUDIOPOLIS – zum Gedenktag 27. Jänner an die Opfer des Nationalsozialismus
Die Dokumentation „Universum History – GAUDIOPOLIS“ greift Szenen aus dem gleichnamigen Film auf und lässt Zeitzeugen zu Wort kommen, daraus habe ich einiges verschriftlicht und weitere Informationen in diesem Beitrag eingefügt:
„Wir Kinder wussten, dass wir in Todesgefahr waren.“ Ein ungarischer Pastor (Gábor Sztehlo) gab ihnen ein neues Zuhause. „Wir haben erst später verstanden, wer Gábor Sztehlo war, und dass wir ihm unser Leben verdanken.“ Mit ihm gründeten sie ihre eigene Stadt – GAUDIOPOLIS (Stadt der Freude). Die geretteten Kinder bringt Gábor Sztehlo anfangs in seinem Privathaus und in Gebäuden und Wohnungen unter, die er von Freunden leiht, oder mit Spendengeldern erwirbt. Innerhalb kürzester Zeit baut er ein riesiges geheimes Netzwerk auf. Viele der verzweifelten Eltern und Kinder nutzen die Dunkelheit für ihr erstes Treffen mit dem hilfsbereiten Fremden, von dem sie nur Gutes gehört haben.
„Meine Mutter hat mich in die Villa in der Bergstraße gebracht. Da habe ich sie zum letzten Mal gesehen.“
Für die Kinder beginnt ein völlig neues Leben – mit gefälschten Papieren und einer fremden Identität. Keine dieser 2000 Personen, die er (Gábor Sztehlo) gerettet hat, hätten ohne ihn eine Überlebenschance gehabt.
Mit dem Angriff der roten Armee beginnt am 29. Oktober 1944 die Schlacht um Budapest (3 1/2 Monate). Die Kinder werden nun von Bomben, Kälte und Hunger bedroht. Weihnachten 1944 wird für viele zur Apokalypse. András Gröbler: „In einem kleinen, karierten Notizbuch hab‘ ich Tagebuch geführt. Meistens habe ich über das Frühstück, Mittag- und Abendessen geschrieben. Und fast immer hat es mit dem Satz geendet: ,Ich habe immer noch Hunger‘.“
Die Sowjetsoldaten befreien die Budapester Bevölkerung von der Herrschaft der Nationalsozialisten, doch das Elend bleibt. Béla Jancsó: „Am Ende des Krieges standen wir da. Kinder, verloren zwischen Ruinen und Dreck. Wir hatten Hunger und keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Nur die Hoffnung, dass jemand kommt und uns hilft. Und wenn es sein musste, gingen wir betteln.“
Gábor Sztehlo holt viele dieser heimatlosen Kinder von der Straße. Eine geflohene, jüdische Industriellenfamilie stellt ihm ihr Grundstück zur Verfügung (ein riesiger Park mit sieben Häusern). Am 17. März 1945 setzte sich die große Karawane mit den Kindern zur neuerlichen Heimgründung in Bewegung. Am Ende der Karawane schwankten die Karren unter den sich auftürmenden Matratzen und Betten und Brettern. Scharen von Kindern – ein herzerfrischender Anblick, voller Freude und Leben. Bis Ostern waren alle 200 Kinder umgesiedelt. Hier war alles vorhanden, was die körperlich geschwächten Kinder brauchten, um sich zu Hause zu fühlen.
Andor Andrási: „Wir wissen nicht genau, wer das Wort GAUDIOPOLIS erfunden hat und warum. Es setzt sich aus einem lateinischen und einem griechischen Wort zusammen. Es drückt das Wesentlich aus, was über uns allen schwebte nach dieser Zeit des Leidens und der Trauer. Die Sehnsucht nach etwas Positivem. Die Bezeichnung ,Stadt der Freude‘ reflektiert diesen Wunsch.“ In ihrem neuen Zuhause haben die Kinder enormen Gestaltungsspielraum. Mit GAUDIOPOLIS ändert sich ihr bis dahin trostloser Alltag. János Kende: „Solidarität war die wichtigste Haltung untereinander. Die älteren Kinder haben sich um die jüngeren Kinder gekümmert. Es entstand eine enge, familiäre Atmosphäre unter uns.“ Andor Andrási: „Am Anfang waren unsere Lebensbedingungen sehr schwierig. Erst ein Jahr später, 1946 sind dank der außergewöhnlichen Beziehungen von Gábor Sztehlo die ersten Hilfslieferungen von humanitären Organisationen bei uns eingetroffen. Die Hilfe kam von Joint, einer US-amerikanisch-jüdischen Hilfsorganisation und vom Schweizer Roten Kreuz.“ Gemeinsam graben und gestalten die Kinder einen Fußballplatz. Die goldene Regel von GAUDIOPOLIS lautet: arbeiten und spielen. Als Therapie, um die Vergangenheit zu bewältigen.
Lászlo Kevehazi: „Wir haben Künstler und Sänger eingeladen, haben Diskussionsabende veranstaltet. Ich finde, wir haben in dieser sogenannten Demokratie von GAUDIOPOLIS demokratisch in diesem Heim gelebt.“ Béla Jancsó: „Wir wurden ermutigt, eine Republik zu gründen. Alle waren von dieser Idee begeistert, und wir haben bis spät in die Nacht diskutiert…“ „… und dann noch ein Minister dafür und ein Sekretär dafür, und welches Geld werden wir verwenden, wer wird sich um die Bank kümmern, wer um die Presse? Genau wie in der heutigen Welt. Es war, als hätten wir damals schon gewusst, wie man es machen muss. Am Ende stand der Entschluss, dass wir noch eine Verfassung brauchen: Wer wir sind, warum wir sind und so weiter.“ Eine Republik mit eigenen Gesetzen und einer Verfassung. Schnell sind sich die Kinder einig: Kriege werden verboten. Alle sollen eine gute Zeit haben und das Recht auf eine Ausbildung. Und Essen für alle. Auch Stehlen soll erlaubt sein, wenn der Hunger zu groß ist. Dann wird die Regierung gewählt (Ministerpräsident, Kulturminister, Justizminister, Wirtschaftsminister für Organisation der Arbeit). … Die Mädchen sind von allen Regierungsgeschäften ausgeschlossen.
Manche lernten das Handwerk des Schuhmachers, des Schneiders oder des Schmieds, andere arbeiteten als Baumeister.
Mit der Gestaltung von GAUDIOPOLIS folgt Gábor Sztehlo einem reformpädagogischen Rezept, das dazu beitragen soll, tief-verwurzelte Vorurteile und Feindseligkeiten unter den sehr unterschiedlichen Kindern zu überwinden. Dazu gehörte auch eine freie Meinungsäußerung und eine freie Presse. „Für uns war das Kulturressort das Wichtigste. Die Zeitungsseiten, die wir in der Villa der Wölfe herausgegeben haben, wurden an den Wänden aufgehängt.“
„Wir hatten zwei Zeitungen. Eine konventionelle und die andere war eine satirische Zeitung. Wir nannten sie „Gabomatti“ in Anlehnung an Matti, den Gänsejungen (Matti, der Gänsejunge, oder Lúdas Matyi, ist ein ungarisches Poem, geschrieben von Mihály Fazekas), einem ungarischen Gedicht.“ Für die Schreibwerkstatt, die Schule der Freiheit, wählt Gábor Sztehlo persönlich die Lehrer aus. „Schreib‘, was dich bewegt…“
Sie sollen den Kindern vor allem eines beibringen: autonome Bürgerinnen und Bürger zu werden, die soziale Grenzen überschreiten und selbstkritisch reflektieren können. Die Meinungen der Kinder erscheinen unzensuriert in den Zeitungen. „Eine große Wandzeitung, in der unsere Artikel plakatiert wurden, hing bei uns im Speisesaal.“ Tatsächlich wurden viele Sztehlo-Kinder später Journalisten. „In unseren Beiträgen haben wir kritisiert, was uns nicht gefallen hat. Ich zum Beispiel (Mátyás Sárközi) habe mich über das grauenhafte Essen beschwert. Ich schrieb, wir hätten Kondensmilch und Knäckebrot satt. Der Artikel wurde veröffentlicht. Gábor Sztehlo hatte nichts dagegen, ihn aufzuhängen. Aber vielleicht hat er den Artikel benutzt, um das Rote Kreuz um anderes Essen zu bitten.“ Ihre faszinierenden, mit kritischen Artikeln und Karikaturen gestalteten Zeitungen verkauften die Jugendlichen außerhalb ihres Grundstücks an die Budapester Bevölkerung.
Schreiben zu können, was sie bewegt, ist für die vom Krieg traumatisierten Kinder eine Art Therapie, aber auch Anlass für politische Unruhen.
Ein Jahr nach der ersten Wahl gehen die Mädchen auf die Straße.
Andor Andrási (Zeitzeuge): „Die ersten ,gewählten Minister‘ haben wahrscheinlich ihre Rollen überbewertet. Sie haben ihre Macht ein wenig missbraucht. Das ist für jemanden, der annimmt, in einer Demokratie zu leben, schwer zu ertragen.“ Dem Aufstand der Mädchen schließen sich auch jüngere Burschen an. Nein zur Macht der Älteren fordern sie (Foto: FORRADALOM – Revolution). Nein zu Lászlo Kevehazi. Etelka Aczél (Zeitzeugin): „Die Mädchen haben von GAUDIOPOLIS nicht sehr viel gehabt, weil sie nicht teilnehmen durften. Es gab alle Arten von Kunsthandwerk, Zimmereien, Schuhmachereien, Eisenarbeiten, es gab Minister, Ministerpräsident. Für die großen Burschen war das ein gutes Spiel, aber die Mädchen waren nicht dabei.“
Béla Jáncsó: „Die Kleineren, und die Bewohner der anderen Villa des Schwalbennests fühlten sich von uns, also den großen Burschen, unterdrückt. Ich lebte zwar mit den Älteren zusammen, aber ich war mehr in der Mitte zwischen den Großen und den Kleinen. Deshalb fühlte ich mich auch unterdrückt. Deshalb hatten wir eine Revolution. Das ging so nicht weiter. Wir würden neue Wahlen brauchen. Wir haben demonstriert und eine neue Regierung gewählt. Ich und drei oder vier meiner Freunde wurden Minister.“
Zur selben Zeit findet in Budapest, außerhalb von GAUDIOPOLIS, eine andere Revolution statt. Im August 1949 wird eine Verfassung der Volksrepublik Ungarn nach sowjetischem Vorbild beschlossen.
Mátyás Sárközi: „Ich habe in meinem langen Leben mit unterschiedlichsten Gesellschaftsformen gelebt. Ich habe die kommunistischen Jahre in Ungarn und die Revolution erlebt. Für mich bleibt GAUDIOPOLIS im Vergleich zu anderen Staatsformen das gesellschaftliche Ideal. Aufgrund der Leichtigkeit und der Einfachheit war GAUDIOPOLIS wie eine idealisierte, verklärte Republik. Eine, die in der Realität vielleicht nicht möglich gewesen wäre.“
Dem kommunistischen Ungarn ist freie Meinungsäußerung und damit auch GAUDIOPOLIS ein Dorn im Auge. Im Jänner 1950 werden die Kinderheime verstaatlicht.
(Gábor Sztehlo) „Für mich war dieser 7. Januar ein trauriger Tag. Als die städtischen Beauftragten zur Übernahme des Inventars und der Papiere erschienen, hatte ich bereits einigermaßen resigniert und übergab ihnen alles. Eine schöne und lehrreiche Epoche meines Lebens war damit beendet. Ein Traum war ausgeträumt. Ich verlor etwas, was einen Teil meines Lebens ausgemacht hatte.“
Seine Arbeit sei vom Rad der Zeit vernichtet worden, notiert Gábor Sztehlo später in seinen Erinnerungen. Die Beamten, die die Verstaatlichung durchführen, bieten ihm einen Posten in der städtischen Sozialbehörde an, inklusive stattlichem Gehalt. Im Gegenzug dazu soll er sich macht- und kritiklos der Kontrolle des Regimes unterordnen. Der Pastor lehnt kategorisch ab. Seine Auffassung von Sozialarbeit unterscheide sich zu sehr von den geltenden Richtlinien, erklärt er unmissverständlich.
(Gábor Sztehlo) „So musste es also geschehen. Denn unsere freiheitliche, auf Selbstbestimmung beruhende Auffassung von Erziehung stand im Gegensatz zu dem damaligen Zeitgeist.“
Mátyás Sárközi: „Wir wurden in alle Winde verstreut. Einige von uns wurden Landstreicher und kehrten dorthin zurück, von wo sie vor Gaudiopolis gekommen waren – auf die Straße. Gábor Sztehlo hatte heimatlose Kinder von der Straße geholt. 1951, als Ungarn mit einer schwierigen wirtschaftlichen Situation und den vom Krieg verursachten Problemen konfrontiert war, standen wir wieder obdachlos auf der Straße.“
Gábor Sztehlo wurde Pastor in einem Altersheim.
Er wird Hilfspfarrer und engagiert sich für Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Die ungarische Revolution 1956 zerreißt schließlich auch seine Familie. Seine Frau und seine Kinder flüchten in die Schweiz. Erst fünf Jahre später kann er ihnen folgen. Sein Heimatland Ungarn wird Gábor Sztehlo nie wieder sehen. Er stirbt 1974 in seinem Schweizer Exil. Sein Erbe jedoch wirkt bis heute.
Lászlo Kevehazi: „Wenn ich an diese Jahre zurückdenke war das damals meine Rettung. Damals, als ich dachte, dass die Zukunft aussichtslos ist, habe ich eine Zukunft bekommen. Und nicht irgendeine Zukunft. Es war natürlich nicht einfach. Ich hatte nicht einmal Kleidung, weshalb ich eine Zeitlang inmitten der jüdischen Kinder meine Militäruniform tragen musste, aber ich habe ein neues Leben bekommen.“
Der ehemalige Ministerpräsident von GAUDIOPOLIS hängt seinen Militärmantel an den Nagel und studiert evangelische Theologie. Die Kinder von GAUDIIOPOLIS werden in verschiedensten Branchen aktiv. In der Kirche, im journalistischen, technischen, medizinischen und pädagogischen Bereich. Jedes Jahr, am 28. Mai treffen sie einander am Budapester Friedhof Farkasréti. Am Grabmal ihres einstmaligen Retters singen sie gemeinsam das Lied, das sie in GAUDIOPOLIS fast jeden Abend in den Schlaf begleitet hatte.
Zwei Jahre vor seinem Tod, 1972, wird Gábor Sztehlo von der Internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem („Gedenkstätte der Märtyrer und Helden des Staates Israel im Holocaust“) als „Einer der Gerechten unter den Völkern“ geehrt.
Nóra Elöd: „Es besteht kein Zweifel darüber, dass wir unser Leben Gábor Sztehlo verdanken. Ich, meine Adoptivgeschwister und zweitausend andere Menschen.“
Auch auf einer Ehrentafel in der großen Synagoge in Budapest findet sich sein Name.
der Demokratie zu einer Zeit realisiert hat, als rundherum Elend, Krieg und Willkür herrschten.
Die wahre Geschichte
Der lutherische Pastor Gábor Sztehlo (*1909 in Budapest – †1974 in Interlaken) rettete während der Herrschaft der Nationalsozialisten in Ungarn mehr als 2000 Juden und Jüdinnen das Leben, 3/4 davon waren Kinder [beauftragt wurde er dazu vom Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche, März 1944]. Sztehlo versteckte die Kinder in „Kinderheimen“, die unter dem Schutz seiner Kirche und des Roten Kreuzes standen, als „christliche Kinder jüdischer Herkunft“. Ende 1945 strömten weitere Waisen- und Kriegskinder unterschiedlichster Sozialisation (insgesamt mehr als 200) in die von ihm „besetzten“ Villen in Buda. Sztehlo entwickelte mit seinen MitstreiterInnen das reformpädagogische Konzept der Kinder- und Jugendrepublik Gaudiopolis, deren Vorbilder in: „The Republic of Shkid“, „Boys Town“ und in den Schriften von Anton Makarenko zu finden sind.
In Gaudiopolis trafen die Kinder auf Grund von Wahlen Entscheidungen, und sorgten gemeinsam für ihren Unterhalt und Überleben. Gábor Sztehlo initiierte die Gründung dieser Kinderrepublik, um die Gemeinschaft und Toleranz unter den Kindern zu stärken, unabhängig von ihren religiösen oder sozialen Wurzeln. Nach der größten Zäsur in der Menschheitsgeschichte hoffte der Pastor, dass die neue Generation Wege findet, eine friedliche Gesellschaft aufzubauen.
Gábor Sztehlo regte an, dass die Kinder ihr Leben selbständig meistern und selbstkritisch soziale Grenzen überwinden. Es wurde eine Verfassung erstellt, ein MinisterpräsidentIn gewählt, der „Gapo-Dollar“ als Währung eingeführt, aus Papiermangel eine Wandzeitung herausgebracht, zahlreiche MinisterInnen eingesetzt; Sztehlo wurde zum Ehrenpräsidenten ernannt. Die Regierung saß im Haupthaus, der „Wolfshöhle“. Die anderen Gebäude hießen „Schwalbenvilla“, „Regenbogenhaus“, „Adlerhorst“, „Villa der Eichhörnchen“ und „Mädchenburg“.
Gábor Sztehlo initiierte die Gründung dieser Kinderrepublik, um die Gemeinschaft und Toleranz unter den Kindern zu stärken, unabhängig ihrer religiösen oder sozialen Wurzeln.
Die Kinderrepublik
In sechs Kapiteln und mehreren Paragraphen wurde eine eigene Verfassung mit den Zielen, der Beziehung zum Mutterstaat (PAX Stiftung), Staatsform (Republik), Organisation, Gesetzgebung, Rechten & Pflichten der StaastbürgerInnen, Rechtsprechung und einem eigenen Strafgesetztbuch verfasst. (Auszug)
- § Das Ziel des Jugendstaates Gaudiopolis: Im Sinne des christlichen Evangeliums sollen gesellschaftliche Barrieren abgebaut werden. Es sollen selbständige, selbstbewusste, zur Selbsterkenntnis und Selbstkritik fähige, handwerklich geschickte und theoretische gebildete Menschen erzogen werden.
Im Buch von Zsuzsanna Merenyi: „Gábor Sztehlos Kinderpädagogik“ beschreibt sie die Pädagogik von Gaudiopolis. Wir haben ein ausführliches Interview mit ihr geführt.
Mehrere Hilfsangebote lehnte Gaudiopolis ab, weil diese an unannehmbare Bedingungen geknüpft waren: die katholische Kirche wollte nur getaufte Kinder akzeptieren, eine jüdische Organisation nur jüdische Kinder unterstützen. Gábor Sztehlo wollte diese Unterscheidungen aber nicht treffen. Alle Kinder in Not waren willkommen. Das Rote Kreuz und Don Suisse lieferten schließlich Lebensmittel, ohne Bedingungen zu stellen. Gábor Sztehlo löste seine Zusammenarbeit mit dem „Gute Hirten – Komitee“ und gründete die „PAX Stiftung“, die als Träger und Mutterstaat für Gaudiopolis fungierte.
Gegen Langeweile, die als Ursache von Konflikten gesehen wurde, gab es ein umfangreiches Freizeitangebot, darunter Musik, Tanzen, Filme, Ausflüge, die „Olympischen Spiele von Gaudiopolis“ und eingeladene ExpertInnen und KünstlerInnen.
Ziel des Jugendstaates Gaudiopolis: Gesellschaftliche Barrieren abbauen. Selbständige, selbstbewusste und zur Selbsterkenntnis und Selbstkritik fähige, handwerklich geschickte und theoretisch gebildete Menschen hervorbringen. Verfassung Gaudiopolis
Wir sind alle Geschwister
Gaudiopolis wurde im Luftschutzkeller während der Schlacht um Budapest im Jänner 1945 initiiert. Gábor Sztehlo lenkte die Kinder und Jugendlichen damit ab, sich auf die Zukunft zu konzentrieren. Es ist die unglaubliche Leistung im Bombenhagel den Glauben und die Hoffnung an eine selbstbestimmte gemeinsame Zukunft zu fördern. Die drei wichtigsten Punkte, die die Kinder erfahren sollten:
- Ersatz der verlorenen Familie durch eine liebevolle Gemeinschaft
- Handwerk: Durch die Erlernung von handwerklichen Fähigkeiten, etwas erschaffen und meistern können
- Schulbildung ermöglichen.
Die Kinder strömten nach dem Krieg aus unterschiedlichen Gründen und sozialen Schichten in das PAX Kinderheim. Jüdische Waisenkinder, deren Eltern ermordet worden waren, Kinder von „Ausgebombten“ oder durch die Hungersnot nicht mehr in der Lage seienden Eltern, die ihre Kinder nicht versorgen konnten. Adelige Kinder, deren Eltern vom „kommunistischen System“ enteignet und als Staatsfeinde verfolgt wurden. Gábor Sztehlo nahm auch die Kinder der „Kriegsverbrecher“ und „Nyilas“ Anhänger auf. Dies führte zunächst zu großen Auseinandersetzungen unter den Kindern. Gábor Sztehlo räumte damit in einer „Donnersitzung“ auf. Er erklärte, ohne die „Opfer – Täter Frage“ zu klären, kämen sie hier nicht weiter.
”Wir mussten einzeln aufstehen und unsere Gefühle beschreiben. So konnten wir uns von dem Groll befreien. Danach waren wir alle erleichtert. Sztehlo empfahl uns jedem die Hand zu geben, da wir in der Not alle Geschwister waren. Das blieben wir bis zum heutigen Tag. Der Schmerz und das gemeinsame Schicksal hatten uns einander näher gebracht.“ Ervin Schuller
Pädagogik
Gábor Sztehlo hatte ein unglaubliches Vertrauen in die Fähigkeit der Kinder selbst Lösungen zu finden, auch wenn sie Impulse brauchten. Es ging ihm immer darum, das Individuum in der Gemeinschaft zu fördern. Er hatte auch ein gutes Gespür, die richtigen PädagogInnen in sein Team zu holen, und diese zu leiten. Sein oberstes Prinzip war der Glaube und die Liebe an den Menschen. Er hat es verstanden, die Probleme und Unsicherheiten während des Krieges, auch in der von Hunger und Sorgen geplagten Nachkriegszeit, möglichst von den Kindern fern zu halten. Durch Geduld und Güte fassten die Kinder Vertrauen. Er musste selten laut werden, da er sehr bestimmt auftrat. Auch in der vom Kommunismus gequälten Nachkriegszeit lebten diese Kinder und deren PädagogInnen wie auf einer reformpädagogischen Insel.
Es gibt unzählige Geschichten, die uns unsere InterviewpartnerInnen erzählt, oder in ihren Autobiographien darüber geschrieben haben. Dieses Material ist Grundlage für unsere Performance.
Die PAX- Stiftung und „Gaudiopolis“ wurden 1950 von den Kommunisten als nicht systemkonform verstaatlicht.
Sein oberstes Prinzip war der Glaube und die Liebe an den Menschen. Er hat es verstanden, die Probleme und Unsicherheiten während des Krieges, auch in der von Hunger und Sorgen geplagten Nachkriegszeit, möglichst von den Kindern fern zu halten. Durch Geduld und Güte fassten die Kinder Vertrauen. über Gábor Sztehlo
ZeitzeugInnen
Lászlo Kevehazi
wurde 1928 in Budapest geboren. Er stammt aus einer Pastorenfamilie und wollte zunächst nicht in diese Fußstapfen treten. Er ging auf die Kadettenschule und kam im Zweiten Weltkrieg in Kriegsgefangenschaft der Alliierten, wo er zuletzt im französischen Cherbourg interniert war. Sein Vater wurde als Kriegsverbrecher inhaftiert. Nach dem Krieg kam László zurück, seine Mutter schickte ihn zu Gábor Sztehlo, da sie ihn nicht mehr versorgen konnte.
Er war 17 Jahre alt, als er ins PAX Heim kam, wurde als einer der Ältesten erster Ministerpräsident von Gaudiopolis und war bei der Gründungsabstimmung dabei. Durch einen langen Krankenhausaufenthalt fühlte er sich doch dazu berufen die kirchliche Laufbahn einzuschlagen.
Nach seinem fünfjährigen Studium der Theologie, betreute er mit seiner Frau Klára Czégényi 37 Jahre lang eine Gemeinde in Pilis. Er lehrte an der Universität für Evangelische Theologie, erhielt den Ehrendoktortitel und verfasste mehrere Werke zur Kirchengeschichte. Heute lebt er mit seiner Frau Klára in einem Altersheim der Lutherischen Kirche in Budapest.
”Er sagte nur diesen Satz: ‚Du bist hier zu Hause‘ – Und ich fühlte mich zu Hause.“ Lászlo über Gábor Stzehlo
Viktoria Főző
Wurde 1931 in Budapest geboren. Ihr Vater war Journalist und Theaterkritiker, die Mutter leitete das Geschäft, eine Glaserei, der Familie. Da die Mutter jüdischer Herkunft war, hat die Familie alle Verwandte und ihren ganzen Besitz im Zweiten Weltkrieg verloren. Viktoria und ihre Mutter kamen ins Budapester Getto auf der Pest Seite. Der Vater tauchte mit dem kleinen Bruder am Balaton unter. Kurz nachdem sie auf dem Ghetto befreit wurden, starb der Vater an Herzversagen. Die Mutter brachte 1945 ihre Kinder, Viktoria war damals 14 und ihr Bruder Andor 12, in Gábor Sztehlos Kinderheim und suchte sich eine Arbeit.
Viktoria und ihr Bruder verbrachten vier Jahre in PAX-Kinderheim. Sie wurde in der Mädchenburg, ihr Bruder in der Wolfshöhle untergebracht. Noch heute erinnert sie sich mit Liebe an Gábor Sztehlo: Er wurde unser Vater, statt dem unseren.
Nach der Matura besuchte Viktoria eine Handelsschule, um so schnell wie möglich Geld zu verdienen. Da sie aber das im Sztehlo-Heim erlernte im Herzen trug, und nicht die parteinahen Prinzipien, fand sie nur sehr schwer eine Arbeit im kommunistischen Ungarn. Später wurde sie Buchhalterin in bei einem ungarischen Erdölproduzenten. Während dessen arbeitete sie freiwillig beim Roten Kreuz. Noch heute tritt sie bei Veranstaltungen auf, um Gedichte vorzutragen.
”Hier habe ich Menschlichkeit, Haltung, Moral, gutes Benehmen, die Liebe zur Ordnung und noch viele schöne Sachen gelernt.“ Viktoria über die Mädchenburg
István Magyary-Kossa
wurde 1932 in Ungarn geboren. Er stammt aus einer Adelsfamilie, sein Vater hatte vor dem zweiten Weltkrieg eine hohe Position am Verwaltungsgerichtshof. Seine Eltern haben durch das kommunistische System alles verloren. So kam István 1948, im Alter von 16 Jahren in das PAX Kinderheim, und war dort bis zu deren Auflösung 1950. Er half beim Bau neuer Gebäude, war bald gut integriert und begeistertes Mitglied von Gaudiopolis. Gábor Sztehlos zwangloser Zugang zum Glauben inspirierte ihn. Als „Klassenfeind“ wurde István zum Arbeitsbataillon eingezogen und nicht zum Studium zugelassen. 1956 war er zunächst an der Revolution beteiligt, als die Gefahr zu groß und aussichtslos wurde, ist er mit Freunden größtenteils zu Fuß nach Österreich geflohen, wo er freundlich empfangen und unterstützt wurde. Er studierte Medizin in Innsbruck und wurde Gynäkologe in Steyr. 1964 traute Gábor Sztehlo ihn und seine aus Frankreich stammende Frau in Salzburg. Er ist Vater von drei Kindern und glücklicher Großvater. Er lebt heute mit seiner Frau und Familie in Steyr.
”Was ich aus Gaudiopolis mitgenommen habe? Die Freundschaft – den Geist von Gábor bácsi: seine Güte, Geduld und Herzlichkeit.“ István über Gaudiopolis
Greta Elbogen
wurde als Grete Fischmann im Oktober 1937 in Wien geboren. Sie war die jüngste von vier Geschwistern. Die Familie musste 1939 vor den Nazis nach Ungarn flüchten. Ihr Vater und viele ihrer Angehörigen wurden ermordet. Gretas Mutter und ihre ältere Schwester überlebten in Budapest unter dem Schutz von Raoul Wallenberg. Greta und ihre beiden älteren Brüder waren in einem Quartier des Roten Kreuz außerhalb von Budapest untergebracht. Greta und ihre Brüder zählen zu den „Geretteten Sztehlo Kindern“. Im kommunistischen Budapest aufgewachsen, war es für Greta erst während der ’56 Revolution möglich, nach Wien zurückzukehren. Ein Jahr später übersiedelte Greta mit ihrem Mann nach New York. Sie zog vier Kinder groß und holte Schulbildung und Studium nach. Heute ist sie als Psychotherapeutin, Zeitzeugin und Lyrikerin tätig. Ihr Lyrikband: „God plays Hide and Seek“ ist bei der Theodor Kramer Gesellschaft erhältlich. Sie lebt heute in New York.
”Er war eine höchst integere Person, der all seinen Schützlingen ihren Glauben gelassen hat. Ich bin auch eine multireligiöse, spirituelle Person. Gott kennt keine Religion. Es gibt nur Mitgefühl und Barmherzigkeit. Nur dadurch können wir die Welt zu einer besseren machen.“ Greta über Gábor Sztehlo
Andor Andrási
kam 1933 als mittleres Kind eines jüdischen Vaters und einer christlichen Mutter auf die Welt. Der Vater wurde 1942 zum Arbeitsdienst eingezogen und ist an der Don-Kurve, an der Russischen Front ums Leben gekommen. Die an Multipler Sklerose leidende Mutter musste nun alleine ihre drei Kinder und die Großmutter versorgen, und sah sich gezwungen im November 1945, den 12-jährigen Andor und den 3-jährigen Peti, in das PAX Kinderheim zu geben. Edit, Andors große Schwester blieb zu Hause, um der Mutter zu helfen. Andor erinnert sich gerne an die Zeit im Heim: an den Bau des Fußballfeldes im Garten, die Gaudiopolis – Sitzungen im großen Speisesaal, an Abenteuer und Bubenstreiche, an die gemeinsamen Sommer am Balaton. 1949 mußte Andor nach Hause zurück, weil seine Mutter im Sterben lag. Nach ihrem Tod waren die drei Geschwister auf sich alleine gestellt. Andor übernahm später für Peti das Sorgerecht. Andor studierte Chemie in Budapest. Sein Diplom fiel in die Stürmische Zeiten der ´56 Revolution, für die er sich tatkräftig engagierte. 1960 begann er im Bereich der Entwicklung des Strahlenschutzes zu arbeiten, wo er auch heute noch beratend tätig ist. Er heiratete 1961 Márta, mit der er zwei Kinder hat. Andor ist Gründungsmitglied der „Gábor Sztehlo Foundation“, für die er sich bis heute leidenschaftlich engagiert. Andor ist ein wahrer „Gaudiopolis-Netzwerker“, der uns mit seinem Wissen und Kontakten sehr geholfen hat. Er lebt mit seiner Familie in Budapest.
”Ich war wirklich sehr glücklich dort. Diese vier Jahre waren eine sehr gute Zeit für mich. Ich habe sehr viel über mich und für das Leben gelernt. Eine Art Grundeinstellung und Sicht auf die Dinge. Ich bin zu der sozialen geselligen Person geworden, die ich heute bin.“ Andor über Gaudiopolis
David Peleg
wurde 1931 als Tamás Perlusz in Budapest geboren. Seine Eltern wurden 1944 deportiert, sein Vater kehrte nie zurück. Als seine Mutter 1945 aus dem KZ zurückkam, erkannte er sie nur an ihrer Stimme wieder. Sie wog nur noch 33 kg. Sie verstarb an den gesundheitlichen Folgen ihrer Gefangenschaft nur wenige Jahre nach Kriegsende.
David war von Oktober 1944 bis Mai 1945 im Sztehlo Heim in der Bogár utca, das unter der Leitung von Éva Stiasny stand. Als die Kriegshandlungen im Jänner 1945 zu gefährlich wurden, musste das Heim innerhalb einer Nacht evakuiert werden. Die Kinder überlebten im Keller der Villa, in der Gábor Sztehlo und seine Familie damals wohnten. Als der Krieg endlich vorbei war, zogen die Kinder mehrmals um, bis sie eine fixe Bleibe in der Budakeszi út fanden, in der später auch Gaudiopolis gegründet wurde. David zog im Mai 1945 zur Familie seines Onkels, dort fand ihn seine Mutter wieder. Er ist einer der „Geretteten Sztehlo Kinder“.
1949 emigrierte er mit der Zionistischen Jugendbewegung nach Israel, wo er das Kibbuz Dalia mit aufbaute und mehrere Berufe erlernte: Bäcker, Funker beim Militär, Traktorfahrer, Tischler, Leiter und Baumeister des Kibbuz.
Durch Davids Initiative wurde Gábor Sztehlo unter den „Gerechten der Völker“ in Yad Vashem aufgenommen. David lebt bis heute im Kibbuz Dalia, hat drei Töchter, und mittlerweile 13 Enkel und Enkelinnen.
”Dieser Mann hat mein Leben gerettet. Es war für mich sehr wichtig, dass er durch Yad Vashem ausgezeichnet wurde. Dadurch konnte ich meinen unendlichen Dank ausdrücken.“ David über Gábor Stzehlo
Béla Jancsó
Béla Jancsó (Buci) wurde 1932 in Budapest geboren. Sein Vater war Kunstmaler, die Mutter stammte aus einer gutbürgerlichen Familie. Béla kam mit 13 Jahren in die Wolfsvilla des PAX Kinderheims und blieb dort bis 1949. Seine beiden jüngeren Schwestern gingen in die Mädchenburg und die Sonnenvilla. Béla war bei der Gründungssitzung von Gaudiopolis dabei, deren hitzige Diskussionen er eindrücklich schilderte. Er selbst wurde dort so eine Art „Staatssekretär“, und schrieb für die „Wandzeitung“. Seine künstlerische Ader zog ihn schon früh zum Theater. Nach seiner Ausbildung und seinem Engagement bei der Zentralen Ungarischen Jugendgruppe, und dem abgeleisteten Militärdienst, hatte er ein Engagement am Theater in Miskolc, später auch in Győr. Nach der Niederschlagung der ’56 Revolution emigrierte er in die Schweiz, wo er verschiedenen Berufen nachging, sich aber hauptsächlich literarisch betätigte. Hier traf er Gábor Sztehlo wieder, der als Dorfpfarrer einer kleinen Gemeinde, Béla und seine Frau in einer kleinen Dorfkapelle, traute. Béla besuchte Gábor Sztehlo öfters zum Wandern, am Abend schauten sie gemeinsam Krimis. Béla ist ein engagiertes Mitglied der „Gábor Sztehlo Foundation“. Er lebt heute teils in der Schweiz, teils in Ungarn.
”Ich habe dort eine Selbstständigkeit und Selbstsicherheit entwickelt, die mich mein Leben lang begleitete. Die PAX Kinder sind heute in der ganzen Welt verstreut, aber wie eine große Familie miteinander verbunden.“ Béla über Gaudiopolis
András Gröbler
wurde 1933 in Budapest geboren. Er wuchs in einer gut situierten jüdischen Familie auf, sein Vater arbeitete bei einer Tageszeitung, seine Mutter betrieb ein eigenes Schneidergeschäft.
Der Vater kam im Februar 1945 in Mauthausen ums Leben, die Großeltern und seine Mutter wurden in das Budapester Ghetto gesperrt, während András 1944 im Alter von 11 Jahren in dem von Éva Stiasny geleiteten Sztehlo Heim in der Bogár utca unterkam.
Im Jänner 1945 musste das Heim kriegsbedingt innerhalb einer Nacht evakuiert werden. Die Kinder kamen im Keller der Villa unter, in der Gábor Sztehlo und seine Familie damals wohnten. Diese dramatische Flucht wurde von Éva Stiasny im Buch „At Peace in War“ festgehalten. András Gröbler selbst führte Tagebuch über diese Zeit.
Seine Mutter und Großeltern überlebten das Ghetto. Im März 1945 wurde András wieder mit ihnen vereint. 1947 gelang es mit Unterstützung von Gábor Sztehlo einen Pflegeurlaub für András in der Schweiz durch das Rote Kreuz zu organisieren. András Gröbler blieb ein Leben lang mit Gábor Sztehlo und Éva Stiasny in Verbindung. Er zählt zu den durch Gábor Sztehlo „Geretteten Kindern“ und ist Gründungsmitglied der „Gábor Sztehlo Foundation“.
András Gröbler studierte Chemie und arbeitete bis zu seiner Pensionierung als Forscher.
Er lebt mit seiner Familie in Budapest und ist stolzer Vater und Großvater.
”Mittwoch, 21. Februar 1945 (…) Am Nachmittag war ‚Parlament‘. Freitag, 23. Februar (…) Nach dem Frühstück trug ich Kohle in die Zimmer (…) Nachmittags wurde eine Diskussion geführt. Man wollte irgendeine Gemeinschaft gründen. Zwei Vorsitzende (Senatoren) wurden gewählt.“ András Auszug aus dem Tagebuch
Nóra Előd
kam als zweite Tochter assimilierter Juden 1936 zur Welt. Sie war acht Jahre alt, als die Deutschen Budapest besetzten. Das Tragen des gelben Sterns empfand sie mit kindlicher Naivität zunächst als Auszeichnung. Nachdem der Vater wegen seiner jüdischer Herkunft in ein Arbeitslager einberufen und ermordet wurde, brachte ihre Mutter, sie und ihre ältere Schwester Kati im Oktober 1944 in Gábor Sztehlos Kinderheim in der Homonnay Villa. Hier bekam sie, so wie alle anderen Kinder auch, eine andere Identität, die sie im Falle einer Razzia schützen sollte. Als 1945 Budapest befreit wurde, fand Norás Mutter ihre Kinder wohlbehalten wieder. Sie ist eines der „Geretteten Sztehlo Kinder“. Da die Eltern von Norás drei Cousinen im Krieg getötet wurden, zog Norás Mutter also insgesamt fünf Kinder alleine groß. Nach dem Krieg setzte die gesamte Familie ihre Hoffnung in die Kommunistische Partei, für die sie sich zunächst engagierten. Leider wurden sie bitter enttäuscht. Nora studierte Russisch und Ungarisch in Debrecen, wurde Lehrerin, später Dolmetscherin, Übersetzerin, Autorin und fand ihre Leidenschaft: die Dramapädagogik. Sie engagiert sich in der Ariadnegruppe und arbeitet als Zeitzeugin und Dramapädagogin mit Jugendlichen an Schulen. Sie ist Mutter zweier Töchter und lebt heute, im Kreis ihrer großen Familie, in Budapest.
”Er hatte eine von Innen kommende natürliche Menschenliebe. Ich sage einfach: Er war ein guter Mensch.“ Nóra über Gábor Stzehlo