Salamitaktik ~ man könnte meinen, das Wort wurde erfunden nach der gewonnenen Seeschlacht der Griechen gegen XERXES bei Salamis 480 v. Chr., der mehrere kriegerische Auseinandersetzungen vorausgingen.
Diesmal war jedoch ein Ungar Wortschöpfer: Zoltán Pfeiffer, 1947.
Die Seeschlacht von Salamis ist für diese Seite der „textliche Aufhänger“ für eine grandiose Händelsche Musik, die uns allerdings nicht scheibchenweise offeriert wurde …
1.
OPER XERXES (SERSE)
KOMPONIST Georg Friedrich Händel
2.
LACHENDES PARTERRE, einst ~ AMÜSIERTER RANG, jetzt
3.
HANDLUNG der Oper und historisch
4.
PREMIERE in der Oper am Rhein, Düsseldorf 26.1.2013
XERXES-TRAILER, Komische Oper Berlin
5.
GESANGSBEISPIELE
6.
LIBRETTO
7.
KRITIKEN
8.
AKTUELLE AUFFÜHRUNGEN
1.
OPER XERXES (SERSE)
http://de.wikipedia.org/wiki/Serse
KOMPONIST Georg Friedrich Händel (* 23.02.1685 in Halle (Saale), † 14.4.1759 in London)
Barockoper
Dramma per musica in drei Akten
Libretto nach Niccolò Minato und Silvio Stampiglia
Uraufführung am 15. April 1738 im King’s Theatre, Haymarket London
2.
LACHENDES PARTERRE (Radierung in der Fotomontage oben),
einst …: aus dem Premieren-Textbuch der Deutschen Oper am Rhein, Düsseldorf:
S. 17 … das King’s Theatre, wir schreiben den 15. April 1738 … sie spielen „Xerxes“, natürlich eine Uraufführung, man will ja immer etwas Neues zu hören bekommen. Was heißt hören, SEHEN und SCHAUEN sind die entscheidenden Aspakte. Zum Vergnügen und zur Unterhaltung sind wir hier, zur eigenen und der anderer, uns interessiert die Inszenierung … also vo allem die eigene … man muss ja nicht immer gleich zu Beginn anwesend sein oder gar bis zum Ende bleiben …
AMÜSIERTER RANG (Ticket in der Fotomontage oben),
jetzt: wir meinen … Händels einzige Opera Buffa ‚verkommt‘ zu einer karnevalistisch-sexistischen Operette, was allerdings sehr gut in die aktuelle Düsseldorfer Jahreszeit passt. Auch, dass deutsch an Stelle der Originalsprache (italienisch) gesungen wird, irritiert mein Gehör. Wobei einigen der Glanzstücke die Übersetzung erspart bleibt. Fazit: Der Premierenabend macht Lust auf mehr-hören zu Hause!
3.
HANDLUNG
aus dem Premierentextbuch der Deutschen Oper am Rhein, Düsseldorf:
Oper
S. 4 Der persische König Xerxes ist mit Amastris verlobt, doch auf seiner abenteuerlichen Heerfahrt nach Griechenland trachtet es ihn vor allem nach amourösen Eroberungen. Xerxes’ Bruder Arsamenes ist mit Romilda, der Tochter seines Heerführer Ariodates, heimlich liiert. Der König erfährt davon, verliebt sich prompt in sie und bittet ausgerechnet seinen Bruder, als Brautwerber für ihn aufzutreten. Arsamenes setzt sich zur Wehr und Xerxes schickt ihn in die Verbannung. Romildas Schwester Atalanta sieht in dieser Situation ihre Chance, Arsamenes für sich zu gewinnen und drängt Romilda dazu, sich auf das Werben des Königs einzulassen. Doch Romilda weigert sich und der untergetauchte Arsamenes kämpft um seine Geliebte mit Hilfe seines Dieners Elviro, den er als Blumenverkäuferin verkleidet ins Rennen schickt. Amastris schlüpft dagegen in die Rolle eines Soldaten, um die willkürlichen Ränkespiele des Königs, den sie trotz seiner Treulosigkeit begehrt, zu vereiteln. Briefe werden abgefangen und an den Falschen weitergeleitet, Intrigen und Wirren der Liebe auf die Spitze getrieben, Selbstmorde verhindert, die Schiffsbrücke zwischen Asien und Europa von einem Sturm zerstört, viele Versprechungen gemacht, Anklagen erhoben und einige Todesurteile gesprochen. Schließlich tappt aber Xerxes in seine eigene Falle und sieht sich gezwungen, den Herzen wieder Frieden zu schenken.
S. 16 … Alle Figuren verfolgen ihre eigenen Ziele – es geht nicht wie sonst in der großen Oper der Händelzeit um Machterhalt oder Pflichterfüllung, sondern um Liebe in all ihren Schattierungen und Auswirkungen. Gerade Xerxes und Atalanta werden in dieser Hinsicht von skrupellos bis lächerlich in einer charakterlichen Mehrdimensionalität vorgeführt. … Darin liegt die Zeitlosigkeit von Händels Oper: Das Leben ist ein Theater, in dem man sich zwar manche Rollen aussucht – ob man diese nun in einer Komödie oder in einer Tragödie spielt, liegt allerdings außerhalb unserer Bestimmbarkeit.
historisch
S. 12 … Die Handlung spielt um 480 v. Chr., eine historische Festsetzung, die sich keineswegs – weder im Textbuch noch in der Musik – kolorierend niederschlägt. König Xerxes I. von Persien regierte 20 Jahre lang als achämenidischer Großkönig und ägyptischer Pharao bis zu seiner Ermordung 465 v. Chr. Er zog gegen Griechenland und baute daher eine Schiffbrücke über den Hellespont – nach einem zunächst aufgrund eines Sturms misslungenen Brückenbau ließ Xerxes nicht nur die Konstrukteure köpfen, sondern auch Fußfesseln ins Meer werfen und die Meeresenge mit 300 Peitschenhieben züchtigen, um die Meeresgottheit zu bestrafen. Tragik und Komik mischen sich auch hier. Die zweite Pontonbrücke aus Hunderten von Kriegsschiffen über die Dardanellen jedoch hielt und findet sich in Größe und Dauer ebenso unterschiedlich in den Quellen wieder, wie die Anzahl der Soldaten seiner riesigen Armee. Doch entscheidender als diese archäologisch-historischen Bezüge zu einer antiken Geschichtswelt ist vielmehr die theatrale Ausreizung von Grenzen – der Brückenschlag zwischen den Genres, die Anbindung des Tragischen ans Heitere, die Ausreizung und Überschreitung von unterschiedlichen Wirklichkeiten und die Konstruktion einer künstlichen Realität, die im Barock verankert ist.
4.
PREMIERE in der Oper am Rhein, Düsseldorf 26.1.2013
Xerxes – der Name bedeutet „Herrschend über Helden“. Doch die Macht des persischen Großkönigs und ägyptischen Pharaos war spätestens seit der Niederlage gegen die Griechen in der Seeschlacht bei Salamis 480 v. Chr. stark angeschlagen. Auch in der Oper von Georg Friedrich Händel (1685-1759) ist Serse (so die italianisierte Namensform) keineswegs von staatsführender Natur. In der Eröffnungsszene erlebt man ihn träumend unter einer Platane liegend, wo er sich mit dem berühmten „Ombra mai fù“ seinen Gefühlen hingibt. Wie in Barockopern üblich muss der Kriegsheld nicht kämpfen, sondern verliebt sich stattdessen in eine Frau, die er nicht bekommen kann. Die schöne Romilda ist seinem Bruder Arsamene treu und verweigert dem König ihre Gunst. Er verstößt ihretwegen die ihm ergebene Amastre, verbannt Arsamene und wird sich mit Romildas Vater über eine Hochzeit handelseinig – und doch bleibt ihm am Schluss nichts anderes übrig, als reumütig zu Amastre zurückzukehren, während Arsamene sich seiner Romilda endgültig sicher sein darf.
Es ist eine böse Komödie, die Händel als eines seiner letzten Opernwerke 1738 für das King’s Theatre Haymarket in London komponiert hat. Ständig am Rande der Tragik kippen die Situationen immer wieder ins Komische ab, weil sich ein Verliebter nicht von seinen Eifersuchtsobsessionen befreien kann, ein Vater fälschlich die Tochter mit dem richtigen Brautwerber verbindet und seine Majestät, der König, schließlich als Betrüger dasteht. Dass Händels Musik dieses Changieren nicht nur unterstützt, sondern virtuos hervorkehrt, irritierte die Zeitgenossen, sicherte der Oper später jedoch eine Vorrangstellung in Händels Operngesamtwerk.
Stefan Herheim, der 2007 für seine Inszenierung von Mozarts „Don Giovanni“ am Aalto-Theater Essen von der Zeitschrift Opernwelt zum „Regisseur des Jahres“ gekürt wurde und seither erfolgreich bis in die Opernszenen von Bayreuth, Salzburg, Brüssel, London und Amsterdam vorgedrungen ist, inszeniert diese Barockoper, die als Koproduktion mit der Komischen Oper Berlin an der Deutschen Oper am Rhein gezeigt wird.
In Koproduktion mit der Komischen Oper Berlin
***
Dramma per musica in drei Akten
Libretto nach Niccolò Minato und Silvio Stampiglia
Deutsche Übersetzung von Eberhard Schmidt
In der Einrichtung von Stefan Herheim
In deutscher Sprache
Musikalische Leitung Konrad Junghänel
Inszenierung Stefan Herheim
Szenische Einstudierung Annette Weber, Stefan Herheim / Stefan Herheim / Annette Weber
Bühne Heike Scheele
Kostüme Gesine Völlm
Licht Franck Evin, Stefan Herheim, Johannes F. Scherfling / Stefan Herheim / Johannes F. Scherfling / Franck Evin
Chorleitung Christoph Kurig
Dramaturgie Alexander Meier-Dörzenbach
Xerxes Valer Barna-Sabadus
Arsamenes Terry Wey
Amastris Katarina Bradic
Ariodates Torben Jürgens
Romilda Heidi Elisabeth Meier
Atalanta Anke Krabbe
Elviro Hagen Matzeit
Chor Chor der Deutschen Oper am Rhein
Orchester Neue Düsseldorfer Hofmusik
XERXES-TRAILER, Komische Oper Berlinhttp://www.komische-oper-berlin.de/spielplan/xerxes/ mit Kritiken
5.
GESANGSBEISPIELE
Ombra mai fù
Fritz Wunderlich, Tenor – YouTube-Link
Ombra mai fù
di vegetabile,
cara ed amabile
soave più.
Bel smeraldi crescent,
frondi tenere e belle,
di turbine o procelle
importune tormenti
non v’atfliggano mai la cara pace,
nè giunga a profanarvi austro rapace.
Mai con rustica scure
bifolco ingiurioso
tronchi ramo frondoso
e se reciso pure
fia, che ne resti alcuno, in stral cangiato,
o lo scocchi Diana, o il dio bendato.
Ombra mai fù
di vegetabile
cara ed amabile
soave più.
Königliche Liebeserklärung an eine Platane
Xerxes singt Ombra mai fù
Nie war der Schatten
einer Pflanze,
lieblich und angenehm,
süßer.
Schöne wachsende Smaragde,
Blätter zart und schön,
lästige Plagen
durch Wirbelwinde und Stürme
mögen euch nie den süßen Frieden trüben,
und auch der gierige Südwind möge euch niemals entweihen.
Nie soll mit grober Axt
ein schimpflicher Grobian
einen belaubten Zweig abhacken.
Und wenn er doch geschnitten würde,
soll doch einer bleiben, in einen Pfeil verwandelt
möge ihn Diana abschießen oder der blinde Gott.
Nie war der Schatten
einer Pflanze,
lieblich und angenehm,
süßer.
Io le diro (Xerxes) / Tu le dirai (Arsamene)
American mezzo-soprano Paula Rasmussen as King Serse sings „Io le diro che l’amo“ (I’ll tell her that I love her [myself]) followed by Arsamene (Swedish mezzo-soprano Ann Hallenberg) singing „Tu le dirai che l’ami“ (You’ll tell her that you love her). Arsamene is Serse’s put-upon brother, Arsamene.
Serse has ordered Arsamene to inform Romilda of Serse’s plans to wed her, but Arsamene balks, because unknown to Serse, Arsamene is actually Romilda’s true love. The King can not be disappointed or displeased, however. Serse then tells Arsamene he’ll just have to tell Romilda himself („Io le diro“). When Serse leaves, Arsamene expresses his certainty that Romilda will reject Serse’s offer to her to be his queen („Tu le dirai“). Recitative and arias.
Se bramate d’amar chi in sdegna
Max Emanuel Cencic, Mezzo-Soprano Countertenor. Se bramate damar chi vi sdegna, from Serse (1738) by George Frideric Handel. First sung by Mezzo-Soprano Castrato Caffarelli.
Se bramate damar chi vi sdegna,
vuò sdegnarvi, ma come non so.
La vostrira crudel me linsegna;
tento tarlo equestalma non può.
(da capo)
Since you persist in loving one who scorns you,
I should despise you, but I know not how.
Your cruel rage shows me how I should hate you;
I try to do so, but my heart refuses.
(return to the beginning)
6.
LIBRETTO
La Trama – Atto I
Dopo aver contemplato la bellezza di un albero del suo
giardino. Serse è colpito dal canto di Romilda. figlia di
Ariodate. comandante del suo esercito. Egli dice al
fratello Arsamene di riferire a Romilda della sua
ammirazione. ma Arsamene e Romilda si amano e
quindi. egli si rifiuta di farlo. Serse decide allora di
intraprendere il corteggiamento.
Arsamene parla a Romilda della passione di Serse … weiter
7.
KRITIKEN
Osnabrücker Zeitung, Kultur, Kritik vom 1.2.2013
Frankfurter Allgemeine, Feuillton, Kritik vom 14.5.2012
Kulturradio rbb, Kritik vom 14.5.2012
siehe auch wie 4. unter XERXES-TRAILER, Komische Oper Berlin, Pressestimmen
Theater an der Wien, Kritik vom 17.10.2011, Die Presse
8.
Aktuelle Aufführungen an der Oper Bonn ab 7. Oktober 2018
Premiere Oper Bonn | 07 Okt | 18:00 H |
14 Okt | 18:00 H | |
20 Okt | 19:30 H | |
27 Okt | 19:30 H | |
03 Nov | 18:00 H | |
25 Nov | 18:00 H | |
02 Dez | 19:30 H | |
15 Dez | 19:30 H | |
30 Dez | 18:00 H | |
18 Jan | 19:30 H | |
26 Jan | 19:30 H | |
24 Feb | 16:00 H | |
13 Mrz | 19:30 H |
zitiert aus dem Bonner Spielplan:
XERXES gehört zu Händels letzten Opern. Der ausgefeilte und virtuose Spätstil des damals schon erheblich kränkelnden Komponisten manifestiert sich hier exemplarisch. Nicht nur die überraschende, ganz für sich stehende erste Xerxes-Arie Ombra mai fu (eine inhaltlich fast absurde Liebeserklärung an einen Baum) deutet auf eine Erneuerung seiner Dramaturgie hin, sondern auch der weitgehende Verzicht auf Da-capo-Formen bei den Arien und deren rasante Wechsel mit extrem knapp gehaltenen Rezitativen. So nimmt die Oper ein schwindelerregendes Tempo auf. Händels Spätwerk ist eine bissige Persiflage auf die Sehnsüchte, die Verzweiflung und Macken sowie auf den (selbst)zerstörerischen Größenwahn des Machthabers und zugleich auf eine in sich verstrickte Gesellschaft.Am Ende der Oper wird der präpotente Herrscher in seine Schranken verwiesen und gelangt schmerzlich zu der Erkenntnis, dass seine Macht keine Gefühle steuern kann. Kann er denn wenigstens zum Glück bei seiner geliebten Platane zurückfinden?
Leo Muscato, italienischer Theaterautor und Regisseur, gibt mit Händels Oper sein Deutschlanddebut. Für internationale Aufmerksamkeit sorgte seine 2017 in Florenz herausgekommene CARMEN, die, als „feministische Inszenierung“ charakterisiert, erstmals auf der Opernbühne das serielle Frauenmorden in Italien (femminicidio) thematisierte.