ein liebendes herz kennt keine furcht


Georg Friedrich Händel (1685~1759), TESEO (opera seria, HWV 9), Librettist: Niccolò Francesco Haym

Arie Arcane, Benche tuoni TESEO, Thomas Diestler
Mag es donnern und der Äther erglühen
von Blitz und Wetterleuchten,
ein liebendes Herz kennt keine Furcht.
Doch wenn Amor
in einem angebeteten Busen zürnt,
dann bangt die Seele ewig in der Brust

Duetto „Caro, cara“
gesungen von: Emmanuelle de Negri – Max Emanuel Cencic
Les Folies Françoises, dir. Patrick Cohën-Akenine
Théâtre des Champs-Elysées, Paris, 2011.
Duetto Agilea e Teseo
Cara,
Caro,
Ti dono in pegno il cor,
D’un puro e fido amor
Che mi consola
Fugato ogn
i martir
Non resta che a gioir
E sempre nel
Tuo,
mio, sen
Tu sarai sola
Voglio esser sola.
Caro, etc.
Text zitiert aus S. 25: haendel.it/composizioni/libretti

 

Göttinger „Teseo“ als allzu süße Ausstattungs-Oper

Mit jugendlichem Elan wirbelte der von Freunden und Verehrern liebevoll „Nic“ genannte Dirigent Nicholas McGegan in den Orchestergraben des Deutschen Theaters in Göttingen.
07. Juni 2011 / 08:00 Uhr

Szene aus der Göttinger Aufführung der +Händel-Oper "Teseo". Foto: Theodoro da Silva
Szene aus der Göttinger Aufführung der +Händel-Oper „Teseo“. Foto: Theodoro da Silva

Göttingen.“Nick“ beendete mit dem ersten Cembalo-Akkord der Premiere von Händels früher Oper „Teseo“ seine in Fachkreisen weithin anerkannte Arbeit als künstlerischer Leiter der Göttinger Händelfestspiele. Seinen Abgang inszenierte der Meister stilvoll, britisch humorvoll und musikalisch befeuernd – nach Vorbild des Hallenser Komponisten.

Händel hatte sich an der Vorlage Lullys orientiert und den Teseo-Stoff in fünf Akten mit grandiosen Arien veropert. Der große Erfolg in London blieb 1713 dennoch aus. Die Göttinger Inszenierung Catherine Turocys, so schien es, lud die so ergebene wie konservativ eingestellte Fest- und Fangemeinde à la française in eine Art Barock-Confiserie, in der Bühnenbild (Scott Blake) und Kostüme (Bonnie Kruger) aufs Hübscheste aufeinander abgestimmt waren. Wie süß. Die Händelfamilie dankte diesen Rückgriff auf die opulente Ausstattungsoper mit überwältigendem Applaus. Der Erfolg war programmiert.

Doch wie es ist im Süßwarenladen: Richtig satt wird man nicht. Und wer sich am verlockenden Naschwerk der perfekt vom höfischen Interieur zum Schlossgarten wechselnden Kulissen und den bonbonsteifen Kostümen erst einmal abgesehen hatte, an all den Jabots, spitzenbesetzten Ärmeln und goldenen Maschen, dem stieg schnell die Langeweile von der Bühne entgegen, auf der die Sänger gehalten sind, sich so maniriert und getragen wie möglich zu bewegen.
Backstage-Videos

Zu oft mußten dramatisch in die Höhe gereckte Arme und ein tragisch kandiertes Mienenspiel als alleinige Ausdrucksformen von entbrannter und enttäuschter Liebe herhalten. Quicklebendig dagegen ging es im eingeblendeten Videoblog backstage zu. Die witzigen filmischen Pralinées, Momentaufnahmen aus Garderobe und Loge wurden zu selten offeriert, um das wie zum Baiser erstarrte geschnörkelte Gesamtbild aufzulockern.

Etwas grazilen Schwung in die sich um Theseus, den Helden der griechischen Mythologie rankende Handlung von Liebe, Eifersucht, Zorn und Rache brachte die New York Baroque Dance Company, als es der zu Beginn des zweiten Aktes mit Spannung erwarteten Titelfigur zum triumphalen Einzug verhalf. Stimmlich und darstellerisch blieb die Hosenrolle Teseo (Susanne Rydén, Sopran) seiner angebeteten Agilea (Amy Freston, Sopran) ein unterlegenes Pendant. Der Liebling der Frauen, um dessen Gunst die Prinzessinnen Agilea und Medea ringen, ließ Charme, Charisma und eine souveräne Stimme vermissen.

Das Paar Clizia (Céline Ricci, Sopran) und Arcane (Robin Blaze, Altus) agierte schon glücklicher, während der lüsterne König Egeo (Drew Minter, Altus) als zauselbärtiger Potentat überzeugte, der erst in letzter Minute in Teseo seinen eigenen Sohn erkennt und vom Gifttod bewahrt. Zu den gehaltvollen Glanzpunkten des Abends zählten die Auftritte der Medea (Dominique Labelle, Sopran), die ihre satte Tiefe in der Arie „Süße Ruhe“ auskostete und jede Koloraturgirlande mit der Exaktheit einer Spritztülle applizierte.

Im Höllentempo jagte der wie ein Glückskeks lächelnde McGegan durch die Partitur dem flammenden Inferno und dem pastellfarbenen Paradiso entgegen. Ihm folgte das dialogisch plazierte, in barockem Swing aufspielende Festspielorchester mit großem Idealismus und gespannter Aufmerksamkeit. Wenn „Nic“ auflegt, lieber Blogger, dann läuft die Party. Allerdings nur unten im Graben.

Weitere Vorstellungen: 8.,12. u. 13. Juni
Evi Baumeister / 07.06.11
Artikel zitiert aus: Thüringische Landeszeitung

WikipediA Händel-Festspiele Göttingen

Eröffnung Händel-Festspiele Göttingen, 2011