Gesellschaft, Kindheit, Kunst und Kultur, Literatur

Der Gestiefelte Kater ~ Kulturgut und ein Fall für die Justiz

DER GESTIEFELTE KATER

1.

Schauprozess im Theater in Mainz: „Der Gestiefelte Kater“ muss hinter Gitter ~ Theaterstück im Mainzer Staatstheater

2.

Kinder brauchen Märchen ~ Bruno Bettelheim

3.

Der gestiefelte Kater ~ Kulturgut der Zigeuner (Sinti und Roma)

4.

Der gestiefelte Kater ~ Brüder Grimm

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1.

Schauprozess im Theater in Mainz: „Der Gestiefelte Kater“ muss hinter Gitter ~ Theaterstück im Mainzer Staatstheater

Von Andreas Wolf

MAINZ – Schwere Körperverletzung, illegaler Waffenbesitz, Hausfriedensbruch, Erpressung, Geiselnahme, Tierquälerei, Zwangsheirat, Verstöße gegen das Arbeitsrecht und Jugendschutzgesetz – was „Der gestiefelte Kater“ auf dem Kerbholz hat, ist nicht wenig. „Und aus nüchterner Sicht von Erwachsenen und Juristen in mehrfacher Hinsicht strafrechtlich relevant“, sagte Christine Villinger vom Mainzer Staatstheater. Auf dem dritten Deck des Theaters wurde nun über den Kater zu Gericht gesessen – von Mitgliedern der Jurastudentenvereinigung „European Law Students Association“ (ELSA)  aus Mainz und Frankfurt.

Der Richter hatte es bei derart unklaren Angaben nicht leicht, sich eine Meinung zu bilden. Auch die Eigenarten aller Beteiligten machten ihm zu schaffen. Und dem exzentrischen König (Tilman Rose) machte der Richter klar: „Vor Gericht ist jeder verpflichtet, die Wahrheit zu sagen, auch Sie.“

Während die Titelfigur im Originalmärchen trotz zahlreicher Vergehen fast ungeschoren davonkommt, sah die Staatsanwaltschaft die Angeklagten nun in fast allen Anklagepunkten als schuldig an und forderte für „den aggressiven und gewaltbereiten“ Kater eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Richter Eckert hielt dem Delinquenten zu Gute, dass er aus Notwehr gehandelt hatte und nicht vorbestraft war. Sein Urteil: „Drei Jahre wegen schwerem Raub und Sachbeschädigung, ohne Bewährung. Wahlweise abzusitzen in einem Tierheim.“ … Allgemeine Zeitung Mainz

Staatstheater Mainz „Der gestiefelte Kater“

2.

Kinder brauchen Märchen ~ Bruno Bettelheim

Blick ins Buch

… S. 16/17: In Geschichten ohne Moral gibt es kein Gegeneinander oder Nebeneinander von guten und schlechten Personen, denn sie dienen einem ganz anderen Zweck. Geschichten oder Charaktere wie der gestiefelte Kater, der mit List Erfolg erringt, oder Hans der Riesentöter, der den Schatz des Riesen stiehlt, bilden den Charakter nicht durch die Wahl zwischen Gut und Böse, sondern durch die Hoffnung, daß auch der Schwächste es im Leben zu etwas bringen kann. Was nützt es denn, ein guter Mensch werden zu wollen, wenn man sich so bedeutungslos fühlt, daß man befürchtet, man werde es nie zu etwas bringen? Der Kern dieser Geschichten ist nicht die Moral, sondern vielmehr die Versicherung, daß man Erfolg haben kann. Ob man dem Leben mit dem Vertrauen darauf, daß man Schwierigkeiten überwinden kann, oder in der Erwartung einer Niederlage entgegentritt, ist ebenfalls eine sehr wichtige existentielle Frage. … mehr

Heike vom Orde (IZI): Warum brauchen Kinder Märchen?

3.

Der gestiefelte Kater ~ Kulturgut der Zigeuner (Sinti und Roma)

„Eigentlich“ entspringt das Märchen des Gestiefelten Katers, das die Brüder Grimm aufgeschrieben haben, der „Kultur der Zigeuner“ (heute richtig benannt: Sinti und Roma), allerdings bei ungeklärter Quellenlage. Vielleicht: noch nicht, oder ~ anders gesagt: hoffentlich wird die Geschichte dazu bald neu geschrieben. Damit der Ursprung den „Sinti und Roma“ „zurückgegeben“ wird. Und wir, deren Kindheit mit Märchen bereichert wurde, Sinti und Roma „in neuem Lichte sehen“, dem aktuellen Gesellschaftsdiskurs widersprechend.

Gefunden habe ich einen Link, er führt zu Märchen und Legenden der Sinti und Roma

4.

Der gestiefelte Kater ~ Brüder Grimm

Das Märchen

Ein Müller hatte drei Söhne, seine Mühle, einen Esel und einen Kater; die Söhne mussten mahlen, der Esel Getreide holen und Mehl forttragen und die Katz Mäuse wegfangen. Als der Müller starb, teilten sich die drei Söhne in die Erbschaft. Der älteste bekam die Mühle, der zweite den Esel, der dritte den Kater, weiter blieb nichts für ihn übrig. Da war er traurig und sprach zu sich selbst:

‚Ich habe es doch am allerschlimmsten gekriegt. Mein ältester Bruder kann mahlen, mein zweiter kann auf seinem Esel reiten, was kann ich mit einem Kater anfangen? Lass ich mir ein paar Pelzhandschuhe aus seinem Fell machen, so ist’s vorbei.‘, „Hör“, fing der Kater an, der alles verstanden, was Hans gesagt hatte, „du brauchst mich nicht zu töten, um ein Paar schlechte Handschuhe aus meinem Pelz zu kriegen. Lass mir nur ein Paar Stiefel machen, dass ich ausgehen und mich unter den Leuten sehen lassen kann, dann soll dir bald geholfen sein.“ … weiter