Bildung, Gesellschaftskritik, Krieg, Vernichtung, Zeitgeschehen
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es ist besser gebildet zu sterben als ungebildet zu leben

NOUR, Mädchen aus Idlib, Syrien: „Mein Vater bringt mich jeden Tag zur Schule und er hat gesagt, es ist besser, gebildet zu sterben, als ungebildet zu leben. Ich komme jeden Tag in die Schule, egal was ist oder kommt.“

NOUR - Schülerin - Idlib - Syrien

NOUR – Schülerin – Idlib – Syrien

TV ORF 2
Es ist die letzte verbliebene Rebellenhochburg im seit Jahren andauernden Bürgerkrieg in Syrien, die Provinz Idlib im Nordwesten des Landes. Es ist nur mehr eine Frage der Zeit, wann die syrische Armee auch dieses letzte Ziel angreifen wird. Aber weltweit wird davor gewarnt. Es droht eine humanitäre Katastrophe, wenn Idlib tatsächlich angegriffen wird.

Hier in dieser Schule in Idlib merkt man noch nichts von der nahenden Bedrohung – zumindest nach außen hin. Die Kinder lernen, spielen, lachen. Kinder, die in einem anderen Teil von Syrien geboren sind und die der Bürgerkrieg hierher vertrieben hat. Wie dieses Mädchen. NOUR, Mädchen aus Idlib, Syrien: „Mein Vater bringt mich jeden Tag zur Schule und er hat mir gesagt, es ist besser, gebildet zu sterben, als ungebildet zu leben. Ich komme jeden Tag in die Schule, egal was ist oder kommt.“
Und das wird vermutlich bald kommen …

Zerstörungsszenario für Syrien - Idlib_20180906 - TV ORF

Zerstörungsszenario für Syrien – Idlib_20180906 – TV ORF

… Eingriffe aus der Luft, die jetzt schon vereinzelt geflogen werden von russischen Kampfpiloten, die das Assad-Regime unterstützen.
(eine Lehrerin) „Letztes Jahr waren die Klassen hier voller, aber jetzt sind sie halb leer wegen der angespannten Situation.“ Für sie alle, für insgesamt rund drei Millionen Menschen in Idlib wäre eine Offensive der syrischen Armee eine Katastrophe. Weltweit warnen Politiker davor. Sogar der amerikanische Präsident, der die Vorgänge in Idlib genau verfolgt. Aber kann die Welt eine Katastrophe in Idlib verhindern? Viele glauben das nicht und bereiten sich vor.
(ein Vater) „Wir haben Kinder, die sich fürchten wenn sie ein Flugzeug oder Bomben hören. Häuser können uns vor Luftangriffen nicht schützen. Deshalb gehen wir hier herunter und wir erzählen den Kindern, dass uns Gott beschützen wird. Die Kinder fühlen sich hier sicherer als in den Häusern. Zwei Monate haben meine Frau, meine Kinder und ich gebraucht, um diese Höhle zu schaffen.“ Und wenn die Kinder von der Schule nach Hause kommen lernen sie etwas ganz anderes: Wie sie sich vor Angriffen mit Chemiewaffen schützen können mit selbst gebastelten Gasmasken.

Kinder basteln Gasmasken als Schutz vor Chemiewaffen

Kinder basteln Gasmasken als Schutz vor Chemiewaffen

Anschließendes Hintergrundgespräch: Warum gibt es jetzt Bemühungen von der UNO und der EU, einen Angriff auf Idlib zu verhindern?
Raimund Löw, ORF-Außenpolitikexperte: „Idlib ist die letzte Bastion der Rebellen, die es noch gibt. Drei Millionen Menschen, Zehntausende schwer bewaffnete Kämpfer, und die kommen aus allen Teilen des Landes. Es war bei früheren Konflikten immer so, wenn sich herausgestellt hat, die Truppen Assads gewinnen, dann hat man versucht, mit den Rebellen einen Deal zu verhandeln, damit sie sich zurückziehen können, freies Geleit bekommen in Richtung Idlib. Da sind hunderttausende Menschen in Richtung Idlib geflüchtet, viele Kämpfer mit vollen Waffen, mit allen Fahrzeugen und die sind jetzt eingekesselt. Und das ist eine explosive Situation. Wahnsinnig gefährlich – wir haben es gesehen im Bild – die Menschen graben sich Bunker, versuchen, sich dadurch zu schützen, oder Plastikbecher, die mit Stoffresten gefüllt werden, mit Kohle gefüllt werden, weil man hofft, wenn es Giftgasangriffe gibt, dass das schützt.“
Ist ein Angriff der syrischen Armee wirklich unvermeidlich oder gibt es eventuell noch die Möglichkeit eines Kompromisses?
„Die Regierung Assad möchte diesen Angriff durchführen, möchte die Kontrolle über das gesamte Territorium des Landes zurückgewinnen. Der einzige, der das noch verhindern kann, das ist Wladimir Putin, denn Assad ist angewiesen auf die Unterstützung Russlands. Die Luftangriffe werden von russischen Flugzeugen feführt. Wenn Russland ’nein, Stopp, wir machen einen Kompromiss‘, dann schaut die Situation anders aus. Das ist aber zur Zeit nicht in Sicht. Auch in Moskau sagt man, ‚in Idlib, das sind Terroristen, das ist ein Netz von Terroristen, das muss man auslöschen‘. Auf der anderen Seite steht die Türkei. Die Türke ist das Nachbarland, die Türkei hat viele Verbündete in Idlib selbst und fürchtet eine Flüchtlingstragödie. Es gibt morgen (7.9.2018) Verhandlungen in Teheran zwischen dem türkischen Präsidenten und Wladimir Putin, aber die Hoffnungen sind nicht sehr groß, dass dabei etwas herauskommt.“
Was können die Verteidiger von Idlib noch machen. Die Rebellentruppen könen nichts anderes machen als die Kapitulation.
„Sie sind militärisch erfahren, sie sind viele, etwa 60.000 internationale Kämpfer, die auch keinen anderen Ort haben, zu dem sie hingehen können. Sie kommen von Al Kaida, von Abspaltungen von Al Kaida, auch pro-westliche Gruppen sind dabei, die haben eine große Schwäche, sie haben kein gemeinsames Oberkommando. Sie sind untereinander zutiefst zerstritten, haben auch oft gegeneinander gekämpft und jeder verdächtigt den anderen, vielleicht einen Deal machen zu wollen mit dem Regime. Das ist eine verzweifelte Situation, sie stehen aber mit dem Rücken zur Wand.“
Gibt es einen gemeinsamen Nenner oder gibt es jemanden, der hinter diesen Anti-Assad-Truppen steht.
„Die Anti-Assad-Truppen werden zum Teil unterstützt von der Türkei, zum Teil von arabischen Staaten, konservativen arabischen Staaten. Sind aber ein Produkt der Radikalisierung in der sunitischen Bevölkerung, die die Hoffnung gehabt haben, dass sie das Land regieren werden, die jetzt in der Situation sind, dass sie sich ins Eck getrieben fühlen und sich denken, wir haben vielleicht noch die letzte Chance, ei militärisches Kräfteverhältnis zu schaffen, dass wir verhandeln können, dass wir in Idlib in irgendeiner Weise einen Deal machen können, um auch nachher noch einen Platz in Syrien in der Zukunft zu finden. Aber Assad scheint dazu nicht bereit zu sein.“
Das Syrien der Zukunft, das ist die große Frage, wenn jetzt diese letzte Hochburg sozusagen der Rebellen fällt, ist dann eine Befriedung nicht irgendwann in Aussicht?
„Es muss irgendwann wieder einmal die Situation kommen, dass man an Wiederaufbau denken kann. Aber die Voraussetzung für Wiederaufbau ist, dass es irgendeine Art von politischem Kompromiss, eine Versöhnung gibt. Und danach sieht es nicht aus. Wenn es ein Blutbad gibt in Idlib dann kann das sogar unmöglich werden. Die Europäer fürchten auch noch, dass es einen internationalen Konflikt gibt. Giftgas spielt eine große Rolle. Bei vielen Angriffen haben die Assad-Truppen Giftgas eingesetzt – das ist international verboten. Die Amerikaner haben gesagt, das werden sie nicht hinnehmen. Die Franzosen haben gesagt, das werden sie nicht hinnehmen. Da kann eine Situation entstehen, wo auf der einen Seite die Russen stehen, Russland verlegt Kriegsschiffe und U-Boote ins östliche Mittelmeer. Und auf der anderen Seite die Amerikaner stehen und die Westmächte stehen und dann würde sich kombinieren eine humanitäre Katastrophe mit einer internationalen Krise, das ist die große Sorge.“
Das wollen wir nicht hoffen, herzlichen Dank Raimund Löw für diese Einschätzung der kritischen Situation in Syrien.

Warnung vor humanitärer Katastrophe in Idlib - Mittag in Österreich

Warnung vor humanitärer Katastrophe in Idlib – Mittag in Österreich 6. September 2018

Kategorie: Bildung, Gesellschaftskritik, Krieg, Vernichtung, Zeitgeschehen

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