Gesellschaftskritik

vollenden ~ „Alles, was wir geben mussten“ der Film zu „Never let me go“ von Kazuo Ishiguro

Wir nehmen Platz in der letzten Reihe des Kino 2, KINOPOLIS Bonn Bad-Godesberg, am 20. Juli. Mit uns im Raum ~ ich könnte sagen ~ eine überschaubare, verschworene Gemeinschaft. Keine Tüten  rascheln, auch sonst gespannte Aufmerksamkeit ~ bis zum bitteren Ende samt Abspann, der den Eintritt in die Realität möglich machen soll.

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vollenden

manche vollenden schon nach dem ersten mal

geschaffen als ersatzteillager

gezüchtet in einer „glücklichen kindheit“

bereitgestellt für den tag X

aufschub? kein aufschub möglich

ausgeschlachtet bis zur vollendung

wofür? für das leben der anderen

Kathy blickt zurück „… auf das, was uns widerfahren ist …“

Miss Lucy: „… keiner von euch wird ein Leben führen, als das, was für euch vorgesehen wurde… „

Miss Emily: „… wir wollten nicht in eure Seelen schauen, wir wollten wissen, ob ihr Seelen habt …“

Kathy Epilog: „.. vielleicht wird keiner von uns begreifen, was wir durchlebt haben, oder glauben, dass wir genug Zeit hatten.“

Der Film basiert auf dem Roman von Kazuo Ishiguro (Never let me go, 2005) . Das Thema, obwohl in der Vergangenheit spielend (1970er Jahre und folgende), fächert ein Horrorszenario der Zukunft, oder doch schon unserer Gegenwart(?) zu Gentechnolgie-Missbrauch und Organ“spende“ auf.

Mit der ersten Sekunde nach dem Rückblende-Intro war ich versetzt in meine eigene Kindheit, den Alltag in einem Internat mit weitläufigem Park, in dem wir „Räuber und Gendarm“ spielten; die wohlwollenden, engagierten Lehrkräfte und Betreuerinnen, die uns Lebensführung und Wissen vermittelten. Ich sah das großzügige, alte Gebäude mit gediegenen Holztreppen, der lichtdurchfluteten Raumkultur, den Schlafsälen mit Schränkchen, in denen Lieblingsstücke und Fotos aufbewahrt wurden, bereit, hervorgeholt zu werden. Ich tauchte ein ~ wie Kathy im Film ~ in meine Mädchenträume, die Jahr auf Jahr, als ich schon längst nicht mehr dort war, abgelöst wurden durch weiteres Erwachen, Erkennen, Durchschauen, um selbst aktiver, glücklicher Erwachsener zu werden der gestalteten Welt, und mitzugestalten.

Soweit die Anmutung, abschweifend in meine eigene Vergangenheit,

des Films, …

der jedoch schleichend, man ahnt nicht, wohin, in all‘ der Idylle ein grausames Geheimnis lüftet zum „Spenderdasein bis zur Vollendung“. Im schlimmsten Fall bis zur vierten – also eigentlich letzten – Spende, nach deren Entnahme man noch irgendwie bei Bewusstsein bleibt und mitbekommt, dass weitere Organe entnommen werden. In dieser Phase gibt es jedoch keine Erholungszentren, keine Betreuer und keine Freunde mehr; man liegt hilflos ausgeliefert da, bis die Ärzte einen abschalten … so das Schicksal von Ruth in der Geschichte.

NEVER LET ME GO (2010) – Rachel Portman – Soundtrack Score Suite

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Seele, vergiss sie nicht, Requiem (Peter Cornelius)

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Kategorie: Gesellschaftskritik

von

Meine Geburts- und Heimatstadt ist Wien an der Donau. Die Welt erschloss sich mir weiter am Rhein ~ in meinen Lebensentwürfen mit Menschen meiner Liebe. Mitteilen und Teilen in und mit POETRY-SIGHTS, das ist, was mich antreibt, die Seite hier zu betreiben für alle, die Sinn dafür haben.

2 Kommentare

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  1. Rene sagt:

    Ahoi, ich vermisse hier ebenfalls den like Button. Oder nicht gesehen?

    1. Hallo Rene! Sorry, den like-Button habe ich nicht aktiviert und werde das wohl auch in naher Zukunft nicht ändern. Meine Seite ist nicht auf Facebook. Trotzdem: Vielen Dank für Dein Interesse an diesem Blog und dass er „gefällt“. Herzlich, Ingrid

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