Anlässe, Frauen, Frauen und ihre Geschichte, Gesellschaftskritik, Gewalt, Literatur, Männer, Musik, Poesie, Zeitgeschehen
Schreibe einen Kommentar

Edel sei der Mensch, hilfreich und gut

Wer kennt nicht diese sieben Worte …

Edel sei der Mensch, hilfreich und gut! …

Mächtige Wirkung bei mir als Kind ~
gleichzustellen mit „der liebe Gott sieht alles“

Wie stand es mit dem Verfasser dieser sieben Worte ~ Johann Wolfgang von Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main als Johann Wolfgang Goethe; † 22. März 1832 in Weimar, geadelt 1782) ~ zum Zeitpunkt des Formulierens?

ZeitZeichen WDR 3 am 14. Januar 2017 enthüllt die Hintergrundgeschichte betreffend das Datum vor 245 Jahren:

ZeitZeichen

14.01.1772 – Hinrichtung Susanna Margaretha Brandt

Von Marko Rösseler

Ein Kriminalfall erhitzt die Gemüter Frankfurts: Eine junge Frau namens Susanna Margaretha Brandt wird von einem durchreisenden Handwerker geschwängert, bringt  ihr Kind heimlich auf die Welt und verscharrt es anschließend. Es ist zunächst unklar, ob das Kind tot oder lebendig zur Welt kam. Die Mutter des toten Kindes bestreitet, selbst Hand angelegt zu haben.

Doch Würgemale und zahlreiche Knochenbrüche am Körper des Säuglings scheinen das Gegenteil zu belegen. Die Richter verhandeln über das Strafmaß. Nach dem immer noch gültigen, 200 Jahre alten Gesetzeskodex werden Kindsmörderinnen „lebendig begrabt und gepfehlt“. Denn da das Kind ohne Taufe nie ins Paradies kommen wird, gilt die Tat als besonders schändlich.

Die Frankfurter Richter entscheiden sich für eine einfache Enthauptung. Bei der Vollstreckung des Urteils schaut auch ein junger Advokat namens Johann Wolfgang Goethe zu. Ihn wird das Schicksal der Susanna Margaretha Brandt rühren und als Vorlage für seine „Gretchentragödie“ im Urfaust dienen.

Und doch wird Goethe sich später selbst für das Todesurteil an einer Kindsmörderin aussprechen. Gleichzeitig dichtet er: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut…“

Redaktion: Michael Rüger

kompletter Audiomitschnitt:

Johann Wolfgang von Goethe

Das Göttliche

Edel sei der Mensch,
Hilfreich und gut!
Denn das allein
Unterscheidet ihn
Von allen Wesen,
Die wir kennen.

Heil den unbekannten
Höhern Wesen,
Die wir ahnen!
Ihnen gleiche der Mensch!
Sein Beispiel lehr uns
Jene glauben.

Denn unfühlend
Ist die Natur:
Es leuchtet die Sonne
Über Bös und Gute,
Und dem Verbrecher
Glänzen wie dem Besten
Der Mond und die Sterne.

Wind und Ströme,
Donner und Hagel
Rauschen ihren Weg
Und ergreifen
Vorüber eilend
Einen um den andern.

Auch so das Glück
Tappt unter die Menge,
Faßt bald des Knaben
Lockige Unschuld,
Bald auch den kahlen
Schuldigen Scheitel.

Nach ewigen, ehrnen,
Großen Gesetzen
Müssen wir alle
Unsreres Daseins
Kreise vollenden.

Nur allein der Mensch
Vermag das Unmögliche:
Er unterscheidet,
Wählet und richtet;
Er kann dem Augenblick
Dauer verleihen.

Er allein darf
Den Guten lohnen,
Den Bösen strafen,
Heilen und retten,
Alles Irrende, Schweifende
Nützlich verbinden.

Und wir verehren
Die Unsterblichen,
Als wären sie Menschen,
Täten im großen,
Was der Beste im kleinen
Tut oder möchte.

Der edle Mensch
Sei hilfreich und gut!
Unermüdet schaff er
Das Nützliche, Rechte,
Sei uns ein Vorbild
Jener geahneten Wesen!

(1783) Quelle: literaturwelt.com

verfasst von Goethe – gleichzeitig empfiehlt er seinem neuen „Dienstherrn“, dem Herzog von Weimar, der ihn zum „Mitglied des geheimen Konsiliums“  machte, 1783 die Hinrichtung einer „Kindsmörderin“ … dass auch nach meiner Meinung rätlicher sein mögte, die Todesstrafe beizubehalten“ (zitiert aus dem Beitrag ZeitZeichen)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert