lilienhand

VI

Verzweifle nicht, weil sie so felsenfest

und so verbissen hält an ihrem Stolz:

Sie schenkt nicht die gemeine Lust, sie lässt

dich harren eines umso höhern Solds.

Auch eine Eiche trotzt mit hartem Holz

der Feuersbrunst. Doch steigen irgendwann,

wenn ihr das Harz im Inneren zerschmolz,

die Flammen umso heißer himmelan.

Denn solch ein edles Herz entzündet man

mit viel Geduld, und eine solche Glut,

wie sie allein die Lethe löschen kann,

muss erst den Leib versehren bis aufs Blut

Begehrst du einen Bund, der ewig währt,

dann wanke nicht: Er ist die Schmerzen wert.

Die Lilienhand

Sonett ~ Edmund Spenser, dt. von Alexander Nitzberg

VI

Be nought dismayd that her unmoved mind,

doth still persist in her rebellious pride:

such love not lyke to lusts of baser kynd,

the harder wonne, the firmer will abide.

The durefull Oake, whose sap is not yet dride,

is long ere it conceive the kindling fyre:

but when it once doth burne, it doth divide

great heat, and makes his flames to heaven aspire.

So hard it is to kindle new desire,

in gentle brest that shall endure for ever:

deepe ist he wound, that dints the parts entire

with chast affects, that naught but death can sever.

Then thinke not long in taking litle paine

to knit the knot, that ever shall remaine.

 

Amoretti

Sonett VI~ Edmund Spenser (1552 – 1599)

Ich will meine Seele tauchen Robert Schumann (Dichterliebe) ~ Fritz Wunderlich

Text: Heinrich Heine (Buch der Lieder, Nr. 7)

Ich will meine Seele tauchen

In den Kelch der Lilje hinein;

Die Lilje soll klingend hauchen

Ein Lied von der Liebsten mein.

Das Lied soll schauern und beben

Wie der Kuß von ihrem Mund,

Den sie mir einst gegeben

In wunderbar süßer Stund.