Abschied und Vermächtnis, Anlässe, Gesellschaftskritik, Gewalt, Kindeswohl, Kunst und Kultur, Leben, Oper, Politik, Trauer
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Endstation

Meine Gedanken kreisen noch mehr als vorher seit dem brutalen Überfall auf NIKLAS mit Todesfolge um das Thema Gewalt.

Dieses Thema begegnete mir auch am 20.5. in „Endstation Sehnsucht“, dessen Stoff von Tennessee Williams der Komponist André Previn verarbeitet.

ENDSTATION hat für mich nun den traurigen Status der Nimmer-Wiederkehr.

Endstation Bad Godesberg

Endstation Kriminalität

Endstation Sehnsucht

A Streetcar Named Desire

 

Endstation Bad Godesberg

NIKLAS

das Läuten von Sankt Marien will kein Ende nehmen, hier in Bad Godesberg, am Samstag, 21. Mai 2016, seit 10 Uhr, wo nach einem Trauergottesdienst Niklas (17 J.) in einem weißen Sarg auf dem Burgfriedhof begragen wird. mehr auf General-Anzeiger Bonn

für Niklas kam die Gewalt „aus heiterem Himmel“. Nein, es war nicht heller Tag, aber der Spaß, die Freude von „Rhein in Flammen“ wirkte immer noch, als er mit seinem Freund, seiner Schwester und zwei jungen Mädchen mit dem Nachtbus an der Endstation am Rondell ankam. Es war 0:20 Uhr und das Schicksal nahm sprichwörtlich „seinen Lauf“. Entkommen: unmöglich ~ sein Leben wird niedergeschlagen und ausgetreten, das innere Leuchten verlöscht sechs Tage später, so sehr Mediziner das Mögliche auch tun.

Was bleibt? Ein letztes Selfie in glücklicher Zeit

Schmerz, Trauer, Wut und die Frage nach dem Warum

Für Niklas Gedenkkerzen und Trauerworte

„Mama, ich bin einfach glücklich“, soll Niklas erst vor kurzem zu seiner Mutter gesagt haben, erzählt Dechant Wolfgang Picken in einer bewegenden Predigt. Er zeichnet das Bild eines liebenswerten und ernsthaften Jugendlichen „mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn“. Der Geistliche selbst kannte ihn: Niklas und seine Schwester gingen bei ihm in den Kindergarten. Die Familie fühlte sich Bad Godesberg immer verbunden…. rp-online, 21. Mai 16:40

Vor den etwa 500 Trauergästen warf der Priester die Frage auf: «Wie ist es möglich, dass Menschen aus unserer Gesellschaft zu so etwas fähig sind? Wir schulden als Staat, Kirche und Gesellschaft Niklas das Versprechen, dass so etwas nie wieder passiert!» … mv online, 22. Mai 2016

Heute, am 23. Mai 2016 habe ich mich auf den Weg zum Ort der Tat gemacht. Obwohl ich durch  Zeitung und Medien vorbereitet war, schnürte sich mein Innerstes zusammen beim Näherkommen. Ich habe sie gelesen, die Worte voll Liebe, bedacht für einen jungen, lebensfrohen und liebenswürdigen Mann. Die Anteilnahme für Familie und Freunde und das Gedenken an NIKLAS sind berührend, bewegend, lassen Tränen freien Lauf. Das Blumenmeer, die Kerzen, sie umringen den Platz des Rondells. Wäre doch in dieser für NIKLAS so schicksalshaften Nacht schützendes Umringen möglich gewesen …

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Endstation Kriminalität

Der Bonner Oberstaatsanwalt Robin Faßbender sagte bei einer Pressekonferenz am Mittwochnachmittag [18.5.2016], der 20-Jährige Tatverdächtige habe alle Vorwürfe bestritten. Allerdings habe er sich bei den ersten Vernehmungen auch in Widersprüche verwickelt. Der junge Mann sitzt in Untersuchungshaft. Es erging Haftbefehl. … Ein Sprecher schilderte bei der Pressekonferenz, was die Polizei bisher über die Tat am 7. Mai im Bonner Stadtteil Bad Godesberg weiß. Demnach hätten mindestens drei Täter die Gruppe rund um den 17-jährigen Niklas aus Bad Breisig provoziert. Dann sei es schnell zu heftigen Schlägen gegen die Schläfe gekommen und Niklas sei bewusstlos zu Boden gegangen. Auch danach habe der mutmaßliche Haupttäter nicht von ihm abgelassen und Niklas gegen den Kopf getreten. Auch Niklas’s Freundin sei mit der flachen Hand geschlagen worden. Der 17-Jährige war am vergangenen Freitag seinen Verletzungen erlegen. … Stand: 19.5.2016, 14.57 Uhr, SWR, ganzer Artikel

Polizeiliche Kriminalstatistik 2014

2014 hat die Polizei mehr als sechs Millionen Straftaten registriert (2014: 6.082.064; 2013: 5.961.661). Die Aufklärungsquote liegt mit einem Wert von 54,9% knapp über dem Niveau des Vorjahres. Die Zahl der Tatverdächtigen ist mit 2.149.504 gegenüber 2013 leicht gestiegen (+2,6%). Erneut sind über ein Viertel der Tatverdächtigen (26,3%) Mehrfachtatverdächtige, d.h. sie wurden mindestens zweimal als Tatverdächtige 2014 von der Polizei erfasst. Die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen ist auf 617.392 gestiegen (+14,7%).

Endstation Sehnsucht

Endstation Sehnsucht (im engl. Original A Streetcar Named Desire), Drama von Tennessee Williams

Eunice Hubbel (Freundin von Stella, die eine Etage höher wohnt): „Ich hab‘ immer gesagt, die Männer sind roh und haben kein Gefühl, aber das hier schlägt alles, ihr benehmt euch wie die Schweine.“ (Szene gegen Ende des Stücks)

desire line, eine in den frühen fünfziger Jahren aufgegebene Straßenbahnlinie in New Orleans, deren eine Endstation sich desire (engl. „Verlangen, Sehnsucht“) nannte

mehr auf WikipediA zum Drama

Theaterstück von Tennessee Williams, deutsch von Helmar Harald Fischer ICH WILL KEINEN REALISMUS, ICH WILL ZAUBER

Für Blanche ist es das Ende, für Stella die Erkenntnis für Neubeginn mit ihrem Neugeborenen: Filmszene – Finale, 1951 (Edmund Poliks)

erklärter Inhalt mit Filmszenen

ganzer Film, deutsch

legendärer Film, (1951) Dir. Elia Kazan, mit Marlon Brando und Vivien Leigh, Ausschnitte

WikipediA zu diesem Film

Bei Tennessee Williams hat die Brutalität einen Namen: Stanley Kowalski, Arbeiter, Migrant der ersten Generation (seine Eltern sind aus Polen in die USA eingewandert). Er findet mit Stella ein Mädchen „aus gutem Hause“, das bei ihm Liebe und Halt zu finden glaubt,  … Er hingegen spricht von seinem Mädchen, er ist der King, sie hat zu tun, was er sagt … weiß auch genau Bescheid, dass ihm die Hälfte des Eigentums seiner Frau gehört, und somit auch die Hälfte des Erbes, von dem er sicher ist, dass Blanche (Stellas Schwester) es unterschlägt: „In the state of Louisiana we have the Napoleonic code according to which what belongs to the wife belongs to the husband and vice versa.“ Scene 2, pg. 163

und am Ende des Stücks vergewaltigt er Blanche, die in jeder Weise am Ende ist.

Gewagt, aber ich erlaube mir einen Bezug zu heute, zur „Einwanderung zu uns“ von Menschen, die nicht nur anders sein können, sondern ihr Anderssein auch „hier bei uns“ (aus-)leben wollen. Wohin wird „unsere gemeinsame Reise, das gewandelte Zusammenleben“ gehen? Ist das Amerika von heute mit einem möglichen Präsidenten Donald Trump, der keine Unterschiede macht, das Europa von morgen? Wie „schaffen wir“ den Spagat von „old Europe“ zu „new Europe“?

Eines der vielleicht überstrapaziertesten Worte ist „Anstrengung“ (war mir als politisches Wort der Möglichkeiten bis dahin unbekannt), die zu machen ist. Was mich dabei gruselt, ist dieses Wort Anstrengung, in der „islamischen Welt“ gleichgesetzt mit Dschihad [dʒiˈhaːd] (arabisch جهاد Dschihād, DMG ǧihād ‚Anstrengung (übernommen aus WikipediA). Menschen mit dieser Gesinnung bringen neuen, bis dahin nicht ausdenkbaren Terror in die Welt.

 

A Streetcar Named Desire

Oper (1995) von André Previn (* 1929)„Man muß schreiben, woran man glaubt“ ~ zitiert aus Magazin der Gesellschaft der Musikfreunde in WienMai/Juni 2000

Libretto: Philip Littell nach dem Theaterstück von Tennessee Williams

Uraufführung unter der Leitung von André Previn am 19. September 1998 am Opernhaus in San Francisco.

Zur Komposition:

Collagen aus Jazz-Elementen und spätromantischen Stimmungsbildern, ausgefeilten Bravourarien und Rezitativen wagnerscher Prägung. mehr auf Klassik.com

… „american sound im Stil interpretierend-konstrastierender Filmmusik“ zitiert aus Opernnetz.de

BLANCHE kommt mit einem traumatischen Erlebnis als junge Ehefrau (sie wird Zeugin der Homosexualität ihres Mannes, und wird Witwe nachdem er sich erschossen hat), dem Verlust ihres Elternhauses (Belle Rêve, fr. „Schöner Traum“) und ihrer Lehrerinnentätigkeit als „in die Jahre gekommene Frau“, und jetzt aktuell desillusioniert durch diese Vergangenheit, aus den US-amerikanischen Südstaaten (mit aristokratischer Kultur) nach New Orleans in eine beengte Wohnsituation zu ihrer Schwester. Hier sehnt sie sich nach Neubeginn und Liebe. Doch sie, mit Hang zu Alkohol, ist nicht in der Lage zu erkennen, dass ihr Zufluchtsort die Endstation ihrer Freiheit ist. Daran ändert auch Mitch nichts, der nach zaghaft aufflammender Liebe sich nach Enthüllungen zu ihrer „zweifelhaften“ Vergangenheit, von ihr trennt. Sie, die weiterhin vornehm tut, was Stanley, den sich primitiv aufführenden Mann ihrer Schwester,  zunehmend gegen sie aufbringt, wird sein Sexualopfer. Er, als ihr Vergewaltiger, lässt sie als „Geistesgestörte“ in eine Nervenheilanstalt einweisen. Blanches Schwester Stella (am Ende des Stücks Mutter geworden) ist ihrem zu Gewalt neigenden Mann sexuell verfallen. Machtlos ergibt sie sich ihrem eigenen Schicksal und sieht hilf- und tatenlos dem dramatischen Gang der Dinge um ihre „zerbrochene“ Schwester Blanche zu.

BLANCHE ~ Realität! wer möchte sie wirklich? Ich weiß, ich möchte sie nicht.

Real! Who wants real? I know I don’t want it.

I want magic! Magic! Yes! That’s what I want!

That’s what I try to give to people.

I do misrepresent things.

I don’t tell the truth.

But I tell what ought to be the truth.

What it ought to be.

Yes, magic.

Magic’s what I try to give to people.

If that’s a sin, If that is such a sin, the let me be…damned for it!

Don’t turn on that light!

It’ll all look so ugly in that light.

Why not see by candlelight…or moonlight or by starlight?

They are bright enough to see by.

Sometimes too bright.

Renée Flemming, BLANCHE singt in einer Szene mit Anthony Dean Griffey als MITCH

Die Oper ist aktuell auf dem Spielplan THEATER KOBLENZ, Musiktheater

nächste Vorstellungen:

Montag, 23.05.2016, 19:30-22:20

Samstag, 04.06.2016, 19:30-22:20

Donnerstag, 09.06.2016, 19:30-22:20

Sonntag, 12.06.2016, 18:00-20:50 mit Publikumsgespräch

Dienstag, 14.06.2016, 19:30-22:20

Sonntag, 19.06.2016, 18:00-20:50

Mittwoch, 22.06.2016, 19:30-22:20

Montag, 27.06.2016, 19:30-22:20

Donnerstag, 30.06.2016, 19:30-22:20

Kritik vom 20.5.2016 von Ralf Siepmann: Endstation Trump

„… Nach mehreren Stufen des Scheiterns ist der einzige in dieser „feinen Familie“ zu Empathie, Phantasie und großen Gefühlen fähige Mensch um seine letzten Sehnsüchte gebracht. Endstation Psychiatrie, vulgo Realität. … So schafft Dietze (Inszenierung) die beeindruckende Milieustudie einer Gesellschaft im Zustand des grassierenden Identitäts- und Selbstwertverlusts, die heute erneut, knapp zwei Jahrzehnte nach der Uraufführung von Previns Musikdrama und bald ein Jahrzehnt nach dem Lehman-Desaster, die amerikanische Brisanz ausmacht. Endstation Trump, um es auf eine andere Formel zu bringen. …“

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